Baumassentransfer: Gemeinde Meilen bekämpft Neubau bis vor Bundesgericht – und verliert den Fall

Im Frühjahr 2016 verweigerte die Meilemer Baubehörde die Baubewilligung für zwei Mehrfamilienhäuser, die als Ersatzbauten für ein ehemaliges Bauernhofgehöft erstellt werden sollten. Streitpunkt war, ob das Projekt in die Umgebung passen würde, was letztlich am geplanten Baumassentransfer festgemacht wurde. Nachdem das Zürcher Baurekurs- und später auch das kantonale Verwaltungsgericht gegen die Baubehörde entschieden hatte, zog die Gemeinde vor Bundesgericht.

Genehmigte Voranfrage

Beim Streit ging es um zwei Grundstücke und eine schmale dritte Parzelle am Waldrand, die sich nicht zur Überbauung eignet. 2013 hatte die damalige Eigentümerin der Gemeinde ein Projekt mit zwei Mehrfamilienhäusern vorgestellt, das einen Baumassentransfer von der Waldparzelle auf die anderen zwei Grundstücke vorsah. In Hinsicht auf einen Verkauf ersuchte sie die Gemeinde um einen verbindlichen Vorentscheid zu dem Baumassentransfer, der ihr bis auf die geplante gemeinsame Treppenanlage beider Gebäude gewährt wurde.

Baumassentransfer auf 20 Prozent begrenzt

Nun wurde das Bauland verkauft und der neue Besitzer liess ein Projekt entwerfen, das statt der beanstandeten gemeinsamen Treppe zwei separate Treppen vorsah. Doch die Gemeinde verweigerte die Baubewilligung und begründete die Ablehnung  mit dem geplanten Baumassentransfer von 30 Prozent: Die Konzentration der Bausubstanz sei zur Vermeidung eines ästhetisch störenden baulichen Walles zwischen den benachbarten Wohnbauten und dem Wald zu umgehen – gewöhnlich lasse die Behörde nicht mehr als 20 Prozent Baumassentransfer zu.  

Übergriff in Eigentumsfreiheit

Nach abschlägigen Urteilen des Baurekursgerichts des Kantons Zürich und später des kantonalen Verwaltungsgerichts kaum auch das Bundesgericht zum Schluss, dass die Meilemer Baubehörde den Bogen überspannt habe. Auch wenn ein öffentliches Interesse an einer haushälterischen Nutzung des Bodens und damit der Ausreizung der maximalen Baumasse bestehe (vgl. BGE 142 II 100 E.4.6), würden ästhetische Begründungen für eine Reduktion von Baumasse nur dann greifen, wenn öffentliche Interessen von höherer Bedeutung wie etwa Denkmalschutz ins Spiel kämen (BGE 101 Ia 223 E. 6c). Dass die geplanten Gebäude zu wuchtig wirken, nicht in die Umgebung passen und zusätzlich das Areal übernutzen würden, wie die Baubehörde argumentierte, vermochte das Bundesgericht nicht zu überzeugen: Die projektierten Baukörper würden sich harmonisch in das Siedlungsgebiet eingliedern. Die Verweigerung der Baubewilligung mit der Begründung eines übermässigen Baumassentransfers, so das höchste Gericht, sei ein unverhältnismässiger Eingriff in die Eigentumsfreiheit.

Der Bauherr wurde durch den berühmten Baurechtsanwalt Felix Huber vertreten, der als absoluter Spezialist für öffentliches und privates Baurecht gilt.

Was heisst Baumasse?
Die Baumasse steht für die Summe aller oberirdischen, über dem gewachsenen Terrain vorhandenen Volumen eines Gebäudes, die zu Wohnzwecken genutzt werden. Für die Nebenräume (z.B. Garage) steht meist eine zusätzliche Baumassenziffer zur Verfügung.

Was heisst Baumassentransfer?

Von Baumassentransfer spricht man dann, wenn unter bestimmten Voraussetzungen die mögliche Baumasse eines Grundstücks auf ein anderes übertragen wird. Allgemein kann die Baumasse nur in der gleichen Bauzone übertragen werden. Zudem muss das Empfängergrundstück in einer vernünftigen Distanz sein. Ein Baumassentransfer von Oerlikon nach Albisrieden in der Gemeinde Zürich ist, trotz gleicher Bauzone, nicht möglich. Ein genaues Distanzmass gibt es nicht, man geht von einem Radius von ca. 300 m Luftlinie aus. Die Faustregel ist jedoch nicht juristisch gesichert.